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  • Die vier Raumvorstellungen

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Absoluter Raum

Relativer Raum

Relationaler Raum

Topischer Raum

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Kunstwerk


Sphärenschöpfer vom Freiburger Münster
Hauptportal, frühes 13. Jh. [1]


Leonard Euler
Briefe an eine deutsche
Prinzession, 17688 Thomas Wright
Bild zur „Neuen Hypothese
über das Universum" 1750 [2]

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Atomium
Weltausstellung Brüssel 1958 [3]


Steingarten des Ryōanji-Tempels, Kyoto Japan
15. Jahrhundert, Künstler unbekannt [4]]] ></ac:plain-text-body></ac:structured-macro>

Bildhaftes Modell

Behälter

Menge

Netz

Atmosphäre, Feld

Raumvorstellung

absolut

relativ

relational

topisch

Relationsbegriff

kein Relationsbegriff

Grenz-Relationen

polyzentrische Relationen

topozentrische Relationen

Informationsbegriff

kein Informationsbegriff

kein Informationsbegriff

Information als Energiezustand

Information als eigene Größe An Träger gebundene Information,
klassische Information

Trägerlose Information,
quantisierte Information

Energiebegriff

Energie als Substanz

Energie als Substanz

Energie als eigene Größe Energie als Informationszustand

Äquivalenz von Masse
Energie und Information

Netzmodell

keine Netzvorstellung

keine Netzvorstellung

Netz mit Löchern,
klassisches Netz

Netz mit gefüllten Zwischenräumen,
Quantennetz

Logiktyp

Subjektlogik (des Schöpfers)

Subjektlogik (des Betrachters)

Subjektlogik (des Betrachters)

Prädikatlogik (des Feldes)

Philosophie

Ptolemäus, Kopernikus

Newton

Leibniz

Nishida

Physik

Klassische Physik

Klassische Physik,
Theorie der Objekte

Klassische Physik,
Theorie der polyzentr. Relationen

Quantenphysik,
Theorie der topischen Relationen

Section
Relativistische Raumverständnisse sind in der westlichen Philosophie stets relational gewesen, d.h. der Raum wird in Abhebung von dem absolutistischen Behälterraum-Modell als Relationsordnung beschrieben. So geschehen bei Leibniz, der sich von Newtons absoluten Raummodell absetzte, indem er den Raum als relationale Ordnung begreift. Leibniz versteht den Raum als „Inbegriff aller erfahrbaren relationalen Lagebeziehungen des gleichzeitigen Nebeneinanders möglicher materieller Stellen"\[770\], und bildet damit die Basis für ein modernes Verständnis des Raumes als netzartiges Relationsgefüge. In diesem Verständnis entsteht der Raum erst durch die Ausbildung und stetige Aktualisierung eines Relationsnetzes. Diesem Raumverständnis entspricht das Modell eines retiven, polyzentrischen Systems, wie es an anderer Stelle vorgeschlagen wurde (Latka 2003). Polyzentrisch deshalb, da das verbindende Element der netzartigen Struktur die vielen verschiedenen Zentren sind, und Relationen auf direktem Wege zwischen den verschiedenen Knoten stattfinden. Soziologisch haben diese relationalen Raummodelle vor allem in der netzwerkanalytischen Schule Verbreitung gefunden, in der soziales Geschehen als Ausbildung netzartiger Strukturen verstanden wird. Daher wurde die Bestimmung retiver Sozialsysteme auch eng an die Modelle dieser sozialen Netzwerkforschung angelehnt.

Column

1. Absolutes Raumverständnis

Wird Raum als ein Behältnis gedacht, in das man etwas hineintun kann, dann spricht man von dem Container-Metapher des Raumes. Das Behältnis selbst wird als absolut und gegeben angesehen, weshalb dieses Raumverständnis auch als "absolut" bezeichnet werden kann. Zur absolutistischen Tradition des philosophischen Raumverständnisses zählt man solche Namen wie Ptolemäus, Kopernikus, Kepler, Galilei, Newton u.a. Ein absolutistisches Raumverständnis geht also davon aus, dass der Raum nur eine Randbedingung des Inhaltes ist, und basiert daher auf dem Dualismus von Raum und Körper. Ein absolutistisches Raumverständnis führt nahezu unweigerlich zur Ausklammerung von räumlichen Kategorien aus der Soziologie, denn der Raum, verstanden als leerer Behälter, ist für eine soziologische Betrachtung, die sich mit dem genuin Sozialen beschäftigen möchte, wenig interessant.

2. Relativistisches Raumverständnis

In Absetzung zu dem absoluten Raumverständnis entwickelt sich ein relativistisches Raumverständnis insbesondere durch Cusanus, Bellarmin, Leibniz, Mach u.a. Einem relativistischen Verständnis von Raum zufolge, ergibt sich der Raum aus der Struktur der relativen Lage der Körper.
Erst ein relativistisches Raumverständnis bereitet den Grund, bei sozialem Geschehen nach der Ausbildung von räumlichen Qualitäten zu fragen. Erst wenn man sich vorstellen kann, dass - wie in der Physik seit Einstein bekannt - Materie und Raum nur zugleich entstehen können, wird man danach fragen, welche räumlichen Qualitäten im sozialen Geschehen entstehen. Gemeinsam ist fast allen relativistisch-räumlichen Modellen des Sozialen die Fokussierung auf den Körper als Leib, denn er allein wird mit seiner physischen Ausdehnung als Garant dafür angesehen, dass räumliche Erfahrungen überhaupt möglich sind. Unterscheiden kann man relativistisch-räumlichen Modelle danach, welche Art von räumlichen Erfahrungen im sozialen Prozess zustande kommen. In Anlehnung an die Unterscheidung zwischen einem polyzentrischen und topischen Netzverständnis, soll hier zwischen einem relationalen und einem topischen Raumverständnis unterschieden werden.

2.1 Relationales Raumverständnis: Der Raum als relationale Ordnung

Wiki-Markup
Column

2.2 Topisches Raumverständnis: Der Raum als feldhafte Ordnung

Neben einem relationalen Raumverständnis, wie es für die westliche Moderne kennzeichnend ist, soll auch ein weiteres Raumverständnis mit Blick nach Japan aufgezeigt werden, das im Folgenden als topisches Raumverständnis bezeichnet und als Feld ausgelegt wird.
Ein topischen Sozialsystem-Modell beruht auf einem sozial erlebbaren Raum, welcher als soziales Feld bzw. Atmosphäre erfahrbar wird. Im Unterschied zum rein relationalen Raumverständnis wird der Raum nicht primär als ein Relationsgefüge verstanden, sondern vor allem als ein durch die Raumpunkte aufgespanntes Feld. Versucht man die Verbindung der Raumpunkte dennoch über Relationen abzubilden, dann erhält man „topische Relationen", die im Unterschied zur direkten gerade Verbindung zweier Raumpunkte „über das Feld laufen" und daher als zwei sich schneidende Geraden visualisiert werden können.
Die Feld-Metapher des Raumes soll verdeutlichen, dass die Raumpunkte selbst vom Raum durchdrungen werden können, d.h. das Verbindende zugleich das Durchdringende ist. Deshalb liegt auch die Schwingungs- und Resonanz-Metapher nahe, denn die Vorstellung, dass Schwingungen Raumpunkte durchdringen, welche damit in Resonanz geraten, ist physikalisch greifbar.

Ein derart topisches Raumverständnis liegt nahe, wenn man die mit dem Begriff „topisches Sozialsystem" beschriebenen Phänomene der japanischen Sozio-Kultur philosophisch reflektiert. Doch umso erstaunlicher ist es, wenn sich auch in der westlichen Tradition Stimmen finden lassen, die ein ähnliches Raumverständnis erkennen lassen.unmigrated-wiki-markup

Gosztonyi fasst nach seiner über tausendseitigen philosophischen Untersuchung über den Raum seine Position gerade in Absetzung zu zahlreichen klassischen Positionen wie folgt zusammen: „Raum ist ‚reine Konduktivität'."\[771\] „Er ist - auch methodisch - von der ‚Schwingung' nicht ‚abtrennbar', das heißt aber, er ist ‚Schwingung'."\[772\]Mit der Schwingungsmetapher versucht auch er deutlich zu machen, dass der Raum zugleich den Menschen durchdringen kann: „... der Raum ... wirkt nämlich in ihm - und nicht etwa ‚um' ihn - und zwar als Spannung, der der Mensch ununterbrochen ausgesetzt ist."\[773\]Fernab jeden Japanbezuges knüpft Gosztonyi gerade in diesem Ausgesetzt-Sein für das Durchdringende an einen explizit topischen Gedanken an, wie er sich z.B. bei Watsuji finden lässt, der topische Elemente als „draußen Seiende"\[774\], „Hinausgetretene"\[775\], „Hinausgestellte"\[776\]versteht, die vom Klima durchdrungen werden. Damit ist deutlich, dass das Raumerlebnis nicht ohne Risiko des Erleidens einer Spannung erfahren werden kann: „Das Raumerlebnis ist ein Getragensein und ein Erfahren - oder genauer: ein Erleiden - einer Spannung ..."\[777\]Mit dieser Nähe von Gosztonyi zu Watsuji soll nur ein Beispiel genannt sein, wie sehr ein topisches Raumverständnis aus beiderseitigem Bemühen heraus entwickelt werden kann.

Sucht man in der westlichen Soziologie nach Anschlussmöglichkeiten für ein topisches Raumverständnis, dann darf neben dem bereits genannten Kurt Lewin und seinem Schüler Junius Brown sicher auch Pierre Bourdieu nicht fehlen, der mit der Berufung auf den Feldbegriff eine radikale Wendung in der Sozialwissenschaft fordert:

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„Das Denken in Feldbegriffen erfordert eine Umkehrung der gesamten Alltagssicht von sozialer Welt, die sich ausschließlich an sichtbaren Dingen festmacht ... In der Tat: Wie die Newtonsche Gravitationstheorie nur im Bruch mit dem Cartesianischen Realismus, der keinen anderen Modus physischer Aktionen als den Stoß, den direkten Kontakt, anerkannte, zu entwickeln war, so setzt auch der Feld-Begriff einen Bruch mit der realistischen Vorstellung voraus, die den Effekt des Milieus auf den der direkten, in einer Interaktion sich vollziehenden Handlung reduziert."\[778\]

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Gerade weil sich für Bourdieu das Feld nicht auf die darin sich vollziehenden Interaktionen reduzieren lässt, fordert er, das Feld als eigene Wirkungsgröße zu beachten und in den „Mittelpunkt der Forschungsoperationen"\[779\]zu stellen. Mit dieser Forderung reiht sich Bourdieu ein in das soziologische Bemühen um die Weiterentwicklung eines topischen Raumverständnisses.

Mit den Beispielen von Gosztonyi und Bourdieu sollte nur auszugsweise angedeutet werden, dass es auch in der westlichen Philosophie und Soziologie - wenn auch aus unterschiedlichsten Motiven - Annäherungen an ein topisches Raumverständnis gibt, und somit das Bemühen um ein topisches Raum- und Systemverständnis nicht ausschließlich nur Japaninteressierten vorbehalten bleiben muss. So lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass es auch in der westlichen Welt vielversprechende Ansätze gab und gibt, welche die Grenzen der bisherigen Raummodelle erkannt haben und nach neuen Wegen in Richtung eines topischen Raumverständnisses suchen. Vor diesem Hintergrund könnte auch die Diskussion um ein topisches Systemmodell eine integrative Wirkung haben und bestehende Kräfte bündeln.

Doch bei aller Vereinnahmung westlicher Ansätze sollte man sich im Klaren sein, dass die genannten westlichen Quellen zum topischen Raumverständnis doch eher eine Ausnahme als die Regel darstellen. So ist in den vorherrschenden westlichen Modellen trotz allem Bemühen um ein angemessenes Raumverständnis die Dominanz zeitlicher Kategorien immer noch unverkennbar. Bei eher schematisierender Wahrnehmung kann man daher bisweilen zurecht den Eindruck erhalten, dass der westlichen Fokussierung auf die Zeit die japanische Raumorientierung gegenübersteht:

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„If Westerners express the world in the form of time, the Japanese tendency toward space is the antithesis of these European concepts. Schematically speaking, it is a way of plotting perception along the axis of 'being and space' instead of 'being and time'."\[780\]

...

Wiki-Markup\[1\] Der Hinweis auf dieses Bild verdanke ich Dieter Pfister, Basel. \
[2\] Der Hinweis auf dieses Bild verdanke ich Dieter Pfister, Basel. \
[3\] Der Hinweis auf dieses Bild verdanke ich Dieter Pfister, Basel. \
[4\] Siehe: http://www.ryoanji.jp
... (Fußnotennummern aus [Topisches Sozialsystem ]) \(Latka))
[768\] &nbsp;Vgl Vgl.: Weizsäcker 1985, 256; Löw 2001, 17. \
[769\] &nbsp;Löw ]  Löw 2001, 17. \
[770\] &nbsp;Stekeler Stekeler-Weithofer 1992, 100. \
[771\] &nbsp;Gosztonyi ]  Gosztonyi 1976, 1255. \
[772\] &nbsp;Gosztonyi ]  Gosztonyi 1976, 1255. \
[773\] &nbsp;Gosztonyi ]  Gosztonyi 1976, 1017. \
[774\] &nbsp;Watsuji ]  Watsuji 1992, 8. \
[775\] &nbsp;Watsuji ]  Watsuji 1992, 8. \
[776\] &nbsp;Watsuji ]  Watsuji 1992, 16. \
[777\] &nbsp;Gosztonyi ]  Gosztonyi 1976, 1024. \
[778\] &nbsp;Bourdieu ]  Bourdieu 1985, 71. \
[779\] &nbsp;Bourdieu ]  Bourdieu in: Bourdieu/Wacquant 1996, 139. \
[780\] &nbsp;Kawakatsu 1999]  Kawakatsu 1999.

...

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